Prüfungsformen
Malte Ring und Taiga Brahm
Lernerfolgskontrollen können im Wirtschaftsunterricht wie auch in den anderen Fächern in verschiedenen Formen durchgeführt werden.
Hierbei können grundsätzlich schriftliche, mündliche und praktische Prüfungen unterschieden werden. Eine weitere Unterscheidung kann bezüglich der Organisationsform getroffen werden, indem zwischen Einzel- und Gruppenprüfungen unterschieden wird (Euler & Hahn, 2014).
Schriftliche Prüfungen
Schriftliche Prüfungen können in die Aufgabenformen Auswahl- und Bearbeitungsaufgaben unterteilt werden.
Auswahlaufgaben
Bei Auswahlaufgaben (geschlossene Aufgaben) müssen Schülerinnen und Schüler aus bereits vorgegebenen Antwortmöglichkeiten eine oder mehrere auswählen. Beispiele hierfür sind Wahr-/Falsch-Aufgaben, Mehrfachwahlaufgaben oder Sortierungsaufgaben.
Bearbeitungsaufgaben
Bearbeitungsaufgaben (teilweise oder vollständig offene Aufgaben) bestehen aus selbstentwickelten Antworten und Lösungen. Dazu gehören beispielsweise Vervollständigungsaufgaben, Kurzantwortaufgaben oder freie Bearbeitungsaufgaben.
Die Lehrperson muss bei der Auswahl und Entwicklung von Aufgabentypen insbesondere folgende Punkte berücksichtigen (Lernerfolgskontrolle):
- den Auswertungsaufwand,
- die Einhaltung der Qualitätskriterien sowie
- die Lernziele.
Die Aufgabentypen sollten also gut durchdacht ausgewählt und erstellt werden (Euler & Hahn, 2014). Im Hinblick auf die Auswertungsobjektivität (Lernerfolgskontrollen) bieten Auswahlaufgaben zwar Vorteile, allerdings lassen sich damit auch nur schwer höhere kognitive Lernziele (Lernziele) erreichen (Euler & Hahn, 2014). Deshalb spielen für schriftliche Prüfungen im schulischen Wirtschaftsunterricht überwiegend Bearbeitungsaufgaben und dabei insbesondere Kurzantwortaufgaben oder freie Bearbeitungsaufgaben eine größere Rolle. Die Aufgaben werden dabei typischerweise anhand von Taxonomiestufen in Anforderungsbereiche aufgeteilt (Lernziele). Im baden-württembergischen Kontext sind diese Anforderungsbereiche beispielsweise für alle gesellschaftswissenschaftlichen Fächer über einen gemeinsamen Operatorenkatalog definiert (Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg, 2016). Sie umfassen die Reproduktion (z.B. nennen oder bezeichnen), Reorganisation und Transferleistungen (z.B. analysieren und charakterisieren) und Reflexion und Problemlösen (z.B. bewerten oder gestalten).
Mündliche Prüfungen
Mündliche Prüfungen lassen sich je nach Steuerungsgrad der Prüfperson oder der geprüften Person unterscheiden (Euler & Hahn, 2014, S. 212):
Hohe Steuerung durch Prüfperson | Hohe Steuerung durch geprüfte Person | |||
---|---|---|---|---|
standardisiert | halbstrukturiert | unstrukturiert | Fachgespräch | Simulation |
Standardisierte Prüfungen bestehen aus einer festen Formulierung von Fragen und Antworten, z.B. Abfragen bestimmter Definitionen wirtschaftlicher Begriffe. Halbstrukturierte Prüfungen haben ebenfalls feste Formulierungen, können jedoch bei Bedarf etwas variiert werden, z.B. beim Abfragen von Fakten und Begriffen. Die unstrukturierte Prüfung ist gekennzeichnet durch einen flexiblen Gesprächsverlauf, dem zwar ein Leitfaden zu Grunde liegt, der jedoch auch darüber hinausgehende Aspekte nicht ausschließt. Diese Prüfungsart kann bei komplexen Problemstellungen genutzt werden.
Auch das Fachgespräch eignet sich für komplexe Problemstellungen und lässt eine höhere Steuerung durch den Prüfling zu. Es wird überwiegend an beruflichen Schulen verwendet, um Schülerinnen und Schüler gezielter innerhalb der „komplexen Lernumgebung“ (Buchalik & Riedl, 2007, S. 1) in ihrem individuellen Lernprozess zu unterstützen.
Simulationen umfassen z.B. Rollenspiele wie auch Präsentationen. Auch hier hat der Prüfling einen sehr hohen Steuerungsgrad und kann vor allem die konkrete Umsetzung individuell gestalten.
Bei der Entscheidung zwischen den eben genannten Prüfungsarten sind dieselben Gütekriterien zu berücksichtigen, die zur Beurteilung der Qualität von Prüfungen angewendet werden (Lernerfolgskontrolle). Zu bedenken ist jedoch, dass die Validität schwierig abzusichern ist. „In mündlichen Prüfungen sind sowohl sozial-kommunikative als auch kognitive Kompetenzen wichtig“ (Euler & Hahn, 2014, S. 212), darum sollte der Fokus der Bewertung auf bestimmte Kompetenzbereiche betont werden. Andernfalls kann es vorkommen, dass in der mündlichen Prüfung auf andere Aspekte geachtet wird und nicht die gewünschten Kompetenzen geprüft werden (Euler & Hahn, 2014).
Praktische Prüfungen
Mithilfe von praktischen Prüfungen können sowohl kognitive, emotionale als auch psychomotorische Kompetenzen überprüft werden (Sacher & Rademacher, 2009). Praktische Prüfungen werden oftmals als lebensnaher und lebensrelevanter wahrgenommen und werden dadurch meistens auch mit mehr Motivation von Schülerinnen und Schülern bearbeitet. Der Fokus liegt nicht nur darauf, wie und warum etwas so ist oder funktioniert, sondern vielmehr auf der konkreten Handlung und somit der Handlungskompetenz. Dennoch sind praktische Prüfungen am allgemeinbildenden Gymnasium selten anzutreffen (Sacher & Rademacher, 2009). Gründe hierfür sind unter anderem die „kognitive Kopflastigkeit unseres gesamten Schulbetriebs“ (Sacher & Rademacher, 2009, S. 60) und der hohe Aufwand, der in vielen Fällen mit praktischen Prüfungen verbunden ist.
zum Weiterlesen
Buch, S., & Sparfeldt, J. (2020). Diagnostik, Beurteilung und Förderung als Gegenstand der Lehrerinnen- und Lehrerbildung. In C. Cramer, J. König, M. Rothland, & S. Blömeke (Hrsg.), Handbuch Lehrerinnen- und Lehrerbildung (S. 39-46). Verlag Julius Klinkhardt.
Literatur
Buchalik, U., & Riedl, A. (2007). Fachgespräche in komplexen, schülerzentrierten Lehr-Lern-Umgebungen. riedlpublikationen.userweb.mwn.de/pdf/buchalikriedlfachgespraechetum2007.pdf
Euler, D., & Hahn, A. (2014). Wirtschaftsdidaktik (3., aktualisierte Auflage). Haupt Verlag.
Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg. (2016). Bildungsplan 2016. Wirtschaft. www.bildungsplaene-bw.de/,Lde/LS/BP2016BW/ALLG/GYM/WI
Sacher, W., & Rademacher, S. (2009). Leistungen entwickeln, überprüfen und beurteilen. Bewährte und neue Wege für die Primar- und Sekundarstufe (5., überarb. und erw. Aufl.). Klinkhardt.
zuletzt aktualisiert: 01.11.2024
Zitationshinweis
Die Inhalte dieser Homepage sind CC-BY lizenziert (https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/). Bei Verwendung der Inhalte empfehlen wir folgende Zitation:
Ring, M., & Brahm, T. (2024). Prüfungsformen. In T. Brahm, M. Ring, & K. Schild (Hrsg.), Wirtschaft unterrichten. Offenes Lehrbuch für Wirtschaftsdidaktik. Online verfügbar unter: https://wirtschaft-unterrichten.de/diagnose-ueben-pruefen/pruefungsformen (zuletzt abgerufen am [Datum]).