Planspiele
Malte Ring und Taiga Brahm
Planspiele sind eine handlungsorientierte, partizipative Unterrichtsmethode, bei der die Lernenden in mehreren aufeinanderfolgenden Spielperioden die Möglichkeit haben, selbstorganisiert Handlungsweisen und Methoden zur Lösung eines fachlich fundierten Grundproblems zu erarbeiten (Klippert, 2016). Im Rahmen eines Planspiels werden komplexe Sachverhalte in vereinfachter Weise simuliert und in Modelle übertragen, die ein Erleben der Situation durch die Lernenden ermöglichen (Fischer & Reinhardt, 2018). Entsprechend eignen sich Planspiele in idealer Weise für den Wirtschaftsunterricht. Durch den Einsatz eines Planspiels wird eine Spielrealität erschaffen, die von den Grundlagen des Modells, den Handlungen der Spielleitung, also i.d.R. der Lehrperson, den Teilnehmenden sowie deren Interaktionen abhängig ist (Kriz, 2018).
Die Planspielmethode unterstützt die Einübung methodisch-strategischer sowie sozial-kommunikativer Fähigkeiten (Schedelik, 2018). Durch das im Wesentlichen eigenständige Lernen können die Problemlösekompetenz, der Umgang mit Verantwortung und die Sozialkompetenz der Lernenden gefördert werden (Fischer & Reinhardt, 2018; Klippert, 2016). Es wird auch davon ausgegangen, dass das selbständige Lernen zudem das Interesse der Lernenden am Themengebiet unterstützt (Schedelik, 2018).
Ein häufiger Streitpunkt in der Diskussion um den Einsatz von Planspielen ist der angemessene Grad der Komplexitätsreduktion. Je genauer die Wirklichkeit beschrieben werden soll, desto komplexer wird das Planspiel, was schnell zur Überforderung der Lernenden führen kann. Somit besteht bei jedem Planspiel ein Zielkonflikt zwischen der didaktisch notwendigen Komplexitätsreduktion und dem Anspruch der Realitätsnähe (Mathes, 2016).
Aufbau / Spielphasen
Laut Klippert (2016) lassen sich Planspiele in der Regel in sieben Spielphasen unterteilen:
- Spieleinführung: Das Material und die verschiedenen Rollen werden vorgestellt und die Schülerinnen und Schüler in Arbeitsgruppen eingeteilt. Außerdem erfolgt die Klärung der Methodik und Zielsetzung des Planspiels.
- Informations- und Lesephase: Die verschiedenen Positionen und Aufgaben werden erarbeitet.
- Meinungsbildung und Strategieplanung innerhalb der Gruppe: Verschiedene Handlungsoptionen und Strategien werden besprochen, um die rollenspezifischen Ziele durchzusetzen.
- Interaktion zwischen den Gruppen: Die Gruppen interagieren z.B. durch Verhandlungsgespräche oder Briefverkehr.
- Vorbereitung eines Plenums/ einer Konferenz: Die Gruppen bewerten intern ihre Ergebnisse und entwickeln eine Vorgehensweise, um ihre Argumente und Erfolge zu präsentieren.
- Durchführung des Plenums/ der Konferenz: In dieser Phase werden die Positionen und Ergebnisse vorgetragen.
- Spielauswertung: Das Spiel und sein Verlauf werden analysiert. Hierbei reflektieren die Schülerinnen und Schüler ihr methodisches Vorgehen und das Kommunikations- und Teamverhalten.
Die Lehrperson als Spielleitung hat die Aufgabe zu moderieren und während der Durchführung des Spiels für einen realistischen Handlungsspielraum und Entscheidungsalternativen zu sorgen (Kriz, 2018). Damit dies gelingt, sollten im Planspiel Freiräume vorhanden sein, wodurch sich unterschiedliche Verhaltens- und Entscheidungsmöglichkeiten ergeben. Die Auswirkungen davon können „dann gemeinsam mit den Teilnehmenden beobachtet und reflektiert werden“ (Kriz, 2018, S. 46).
Planspiele im Wirtschaftsunterricht
In der zukünftigen Arbeitswelt werden von den Schülerinnen und Schülern immer häufiger Soft Skills und Schlüsselqualifikationen wie Selbstständigkeit, Verantwortungsbereitschaft und Teamfähigkeit verlangt, die nicht ausschließlich im regulären Unterricht entwickelt werden können (Berger et al., 2008). Daher ist es besonders im Wirtschaftsunterricht, u. a. im Hinblick auf die Berufs- und Studienorientierung, wie auch bezogen auf die Rolle als Wirtschaftsbürgerinnen und -bürger essenziell, die Schülerinnen und Schüler durch praktische Situationen auf Handlungs- und Entscheidungssituationen vorzubereiten. Die Schülerinnen und Schüler können in Planspielen lernen, gemeinsam im Team zu arbeiten sowie demokratisch und verantwortungsbewusst Entscheidungen zu treffen. Zudem können Planspiele eine praxisorientierte Alternative bzw. Ergänzung zum direkten Unternehmensbesuch bieten (Beyer & Rathje, 2013), da die Lernenden auch auf diese Weise unternehmerisches Handeln erleben können.
Die Lernenden bekommen durch ein Planspiel die Möglichkeit, sich mit ökonomischen Systemzusammenhängen, rahmengebenden ökonomischen Bedingungen und Werturteilen über das eigene wie auch über fremdes Handeln auseinanderzusetzen (Seeber, 2001). Die spielerische Dimension kann unabhängig von der speziellen Lern- und Arbeitsbereitschaft Begeisterung schaffen, wodurch das Interesse für die Wirtschaft und ökonomische Fragestellungen gefördert wird und das Lernen allgemein leichter fällt (Remmele & Seeber, 2008). Planspiele sind überdies geeignet, um realitätsnahe sozioökonomische Handlungssituationen spielerisch zu erleben. Diese können beispielsweise den Entscheidungsproblemen eines Entrepreneurs bzw. einer Entrepreneurin ähneln, da im Planspiel häufig ebenfalls eine Wettbewerbssituation und ähnliche Umweltbedingungen herrschen (Remmele & Seeber, 2008). Das direkte Handeln ermöglicht es, Erlebnisse und Erfahrungen zu generieren, die unmittelbar reflektiert werden können. Das Wissen wird demzufolge mit Erfahrungen und Erinnerungen an die jeweilige Situation verankert und bleibt leichter im Gedächtnis (Berger et al., 2008).
Anwendungsbeispiele
Für den Einsatz im Wirtschaftsunterricht existieren zahlreiche Planspiele (Sammlung Spiele und Experimente). Es folgt eine exemplarische Aufzählung von Planspielen bzw. Websites, die solche anbieten (Planspiele müssen i.d.R. gekauft werden).
- Übersicht über Planspiele und Simulationen im Wirtschaftsunterricht, z.B. zu Globalisierung, Unternehmensgründung, Finanzmärkte…, verschiedene Methoden und Links
- Planspiele für den Wirtschaftsunterricht, z.B. zur Geld- und Fiskalpolitik
- Planspiel-Datenbank der Bundeszentrale für politische Bildung z.B. zu Wirtschaftspolitik, Nachhaltigkeit, Europa…
- Zwei Planspiele: Autokauf (Konsumentenrolle), Privatbrauerei (Unternehmerrolle)
- Berger, C., Flormann, I., Förster, D., Gehring, A., Grave, V., & Schwengers, S. (2008). Unterrichtsmethoden im konstruktiven und systemischen Methodenpool. Planspiel (K. Reich, Hrsg.). http://methodenpool.uni-koeln.de/download/planspiel.pdf: Übersicht über verschiedene Planspielportale und Links
zum Weiterlesen
Theorie zu Planspielen in der beruflichen Bildung, inklusive Demo-Versionen von Planspielen: Blötz, U. (2015). Planspiele und Serious Games in der beruflichen Bildung. Auswahl, Konzepte, Lernarrangements, Erfahrungen (5., überarb. Aufl.). Bertelsmann.
Planspiel zu verschiedenen betrieblichen Abläufen eines beispielhaften Unternehmens: Kirchner, D. von, & Röben, P. (2013). Planspiel: Der Betrieb: Wirtschaftliches und soziales Handeln in Unternehmen begreifen. 9./10. Klasse. Persen Verlag.
Sechs Wirtschaftsplanspiele zu Themen der Betriebs- und Volkswirtschaftslehre sowie des Rechnungswesens: Behme, N., Dall, B., Eisenach, N., Fischer, D., Friedering, S., Garrelts, S., & Pundt, O. (2006). Planspiele zur ökonomischen Bildung. Spielanleitungen mit Kopiervorlagen (1. Aufl.). Cornelsen.
Literatur
Berger, C., Flormann, I., Förster, D., Gehring, A., Grave, V., & Schwengers, S. (2008). Unterrichtsmethoden im konstruktiven und systemischen Methodenpool. Planspiel (K. Reich, Hrsg.). http://methodenpool.uni-koeln.de/download/planspiel.pdf
Beyer, A., & Rathje, B. (2013). Methodik für Wirtschaftswissenschaftler. Neue Lehr- und Prüfmethoden für die Praxis. Akademie Verlag. https://doi.org/10.1524/9783486781342
Fischer, C., & Reinhardt, S. (2018). Das Planspiel als didaktische Methode: Grundlegende Charakteristika und begriffliche Abgrenzungen. In M. T. Meßner, M. Schedelik, & T. Engartner (Hrsg.), Handbuch Planspiele in der sozialwissenschaftlichen Hochschullehre (S. 29-42). Wochenschau Verlag.
Klippert, H. (2016). Planspiele. 10 Spielvorlagen zum sozialen, politischen und methodischen Lernen in Gruppen (6. Aufl.). Beltz.
Kriz, W. C. (2018). Planspiele als Trainingsmethode in der Hochschuldidaktik: Zur Funktion der Planspielleitung. In M. T. Meßner, M. Schedelik, & T. Engartner (Hrsg.), Handbuch Planspiele in der sozialwissenschaftlichen Hochschullehre (S. 43-56). Wochenschau Verlag.
Mathes, C. (2016). Wirtschaft unterrichten. Methodik und Didaktik der Wirtschaftslehre (9. Aufl.). Verlag Europa-Lehrmittel Nourney, Vollmer GmbH & Co. KG.
Remmele, B., & Seeber, G. (2008). Spielbasiertes Lernen als Methode der Entrepreneurship Education. In B. Remmele, M. Schmette, & G. Seeber (Hrsg.), Educating Entrepreneurship. Didaktische Ansätze und europäische Perspektiven - Didactical Approaches and European Perspectives (S. 89-100). Deutscher Universitätsverlag.
Schedelik, M. (2018). Was wird in Planspielen gelernt? Eine Zusammenschau theoretischer und empirischer Erkenntnisse. In M. T. Meßner, M. Schedelik, & T. Engartner (Hrsg.), Handbuch Planspiele in der sozialwissenschaftlichen Hochschullehre (S. 71-84). Wochenschau Verlag.
Seeber, G. (2001). Ökologische Ökonomie: Eine kategorialanalytische Einführung (1. Aufl.). Deutscher Universitäts-Verlag.
zuletzt aktualisiert: 01.11.2024
Zitationshinweis
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Ring, M., & Brahm, T. (2024). Planspiele. In T. Brahm, M. Ring, & K. Schild (Hrsg.), Wirtschaft unterrichten. Offenes Lehrbuch für Wirtschaftsdidaktik. Online verfügbar unter: https://wirtschaft-unterrichten.de/mikrodidaktik/methodische-umsetzung/planspiele (zuletzt abgerufen am [Datum]).