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Erklärungen im Wirtschaftsunterricht

Malte Ring und Lucy Haag

Das Erklären im unterrichtlichen Kontext bezieht sich vor allem auf das Darstellen und Verdeutlichen von Inhalten. Ziel ist es, den Empfängerinnen und Empfängern der Erklärung die Inhalte aufbereitet zu vermitteln, sodass diese die neuen Inhalte verstehen und in ihr bisheriges Wissensschema integrieren können. 

Eine Erklärung kann demnach als gut oder erfolgreich gelten, wenn sie das Ziel des Verständnisses bei den Adressatinnen und Adressaten erreicht (Findeisen, 2017; Schopf & Zwischenbrugger, 2015). Findeisen (2017) definiert das Erklären als „interaktive[n] Prozess, …, im Rahmen dessen ein Erklärender den Zuhörenden einen Sachverhalt in der Absicht präsentiert, diesen für die Zuhörenden verständlich zu machen“ (Findeisen, 2017, S. 16). Erklärungen finden immer in einem bestimmten Kontext (z. B. Schule, Wissenschaft, …) statt und richten sich an einen oder mehrere Adressatinnen bzw. Adressaten, für die der Inhalt entsprechend aufbereitet wird.

Unterrichtserklärungen können in verschiedene Arten aufgegliedert werden:

  • Selbsterklärung (Lernende erarbeiten sich Inhalte eigenständig) und Fremderklärung (Erklärungen kommen von der Lehrperson oder von Mitschülerinnen und Mitschülern)
  • Spontane Erklärungen (z. B. wenn sich im Verlauf des Unterrichts Fragen ergeben) und vorbereitete Erklärungen (werden von der Lehrperson in der Unterrichtsplanung vorbereitet)
  • Mündliche Erklärungen (durch direkte Interaktion ins Unterrichtsgespräch eingebunden), schriftliche Erklärungen (Auseinandersetzung mit einem Text, z. B. aus dem Schulbuch, Unterstützung durch Visualisierungen möglich, (Wissensstruktur) und Erklärungen auf Basis digitaler Medien (Erklärvideos) (Findeisen, 2017).

Mehrere Studien belegen bereits den Zusammenhang zwischen guten Erklärungen im Unterricht und dem Lernerfolg der Schülerinnen und Schüler (siehe z.B. Evans & Guymon, 1978; Hines et al., 1985). Auch die Lernenden selbst sehen die Fähigkeit, zugänglich erklären zu können, als eine der wichtigsten Fähigkeiten von Lehrpersonen an (Greimel-Fuhrmann, 2003). Somit ist es sowohl für den Wirtschaftsunterricht als auch für andere Fächer von großer Bedeutung für die Lehrperson, den Lernenden gute und verständliche Erklärungen liefern zu können.

Kriterien guter Erklärungen

Für einen Inhalt gibt es nicht nur eine gute Erklärung, sondern immer mehrere mögliche Erklärungen, welche abhängig von Zielgruppe und Kontext als gute Erklärung gelten können. Das wichtigste Kriterium für den Erfolg einer Erklärung ist das Verständnis der Lernenden. Weiterhin werden in der Literatur einige allgemeingültige Kriterien genannt, die als Maßstab für gute Erklärungen dienen können (Findeisen, 2017). Gute Erklärungen müssen nach Schopf & Zwischenbrugger (2015) folgende Fragen beantworten:

  • Was ist es? (Beschreibung des Inhalts)
  • Wie geht es? (je nach Inhalt: Vorgehensweise, Problemlösevorgang oder Rechenweg)
  • Warum ist es so? (Begründung, Herleitung)
  • Wozu braucht man es? (Alltagsbedeutung, Klärung der Relevanz des Inhaltes) (Schopf & Zwischenbrugger, 2015, S. 13)

Qualitätskriterien von Unterrichtserklärungen (nach Findeisen, 2017, S. 49–52)

Beim Beantworten dieser Fragen sollte die Lehrkraft einige Aspekte beachten. Findeisen (2017) fasst die in der Literatur am häufigsten genannten Kriterien guter Erklärungen und deren Ausprägungen wie folgt zusammen:

Fachlicher Gehalt

Korrektheit, Verdeutlichung der Relevanz des Inhaltes, Verfügbarkeit verschiedener Erklärvarianten (S. 50).

Lernendenzentrierung

Berücksichtigung des Vorwissens der Lernenden, Berücksichtigung der Charakteristika der Interaktion mit den Lernenden (S. 50).

Prozessstruktur

Verdeutlichung der Zielsetzung, Aufzeigen der Struktur der Erklärung, Evaluierung des Vorwissens, Wiederholung und Zusammenfassung, Evaluierung des Verständnisses (S. 50).

Repräsentation

Verwendung von Beispielen, Visualisierung der Inhalte (Wissensstrukturen und Visualisierung), Verbindung verschiedener Repräsentationsformen, Aufzeigen von Gemeinsamkeiten und Unterschieden zwischen Repräsentation und Zielkonzept (S. 51).

Sprache

Geeignetes Sprachniveau für die Adressaten, Sprachliche Präzision, Unterstützung durch Körpersprache (S.52). 

Erklärungen

Erklärungen beinhalten eine „selbsterklärend visualisierte Struktur“ (Schopf & Zwischenbrugger, 2015, S. 4) (Wissensstruktur), konkrete, lebensnahe Beispiele und sollen an die Eingangsvoraussetzungen und den aktuellen Lernstand der Lernenden anknüpfen. Neben passenden Beispielen ist es von großer Bedeutung, die Relevanz des Inhaltes für die Wirtschaft und Gesellschaft hervorzuheben und zu hinterfragen. Statt den Lerngegenstand rein deskriptiv zu beschreiben, sollten Zusammenhänge zu verwandten Konzepten und Anwendungsbereiche des Inhaltes thematisiert werden (Schopf & Zwischenbrugger, 2015).

Das Kernprinzip muss schließlich von den Lernenden verstanden werden, sodass eine „transferfähige Wissensbasis“ (Schopf & Zwischenbrugger, 2015, S. 13) aufgebaut werden kann. Um erfolgreich erklären zu können, benötigt die Lehrkraft eine Kombination aus Fachwissen, fachdidaktischem Wissen und pädagogisch-psychologischem Wissen (Wirtschaftslehrkräfte) (Kulgemeyer et al., 2012; Leinhardt, 2001). Gute Erklärungen führen jedoch nicht zwangsläufig zu einem Lernzuwachs der Lernenden (Wittwer & Renkl, 2008). Die Erklärung sollte nicht für sich stehen, sondern in den Unterricht bzw. jeweiligen Kontext eingebettet werden. Sie sollte darüber hinaus mit Aufgaben verknüpft werden, durch die Lernende sich aktiv mit dem Lerngegenstand auseinandersetzen (Wittwer & Renkl, 2008).

Verständlich zu erklären ist keine einfache Aufgabe für Lehrkräfte und kann diese vor eine große Herausforderung stellen. Um den Erfolg einer Erklärung zu sichern, bieten die oben genannten Kriterien wichtige Anhaltspunkte, an denen sich die Ausgestaltung der Erklärung orientieren kann. Das Verständnis und somit der Erfolg der Erklärung soll anschließend überprüft werden (Lernerfolgskontrollen). Dies kann durch Beobachten des Schüler:innenverhaltens, direkte Rückfragen, ob der Inhalt verstanden wurde, oder inhaltliche Fragen zum Überprüfen des Verständnisses geschehen. Bei kleineren Unklarheiten auf Schülerinnen- und Schülerseite kann die Erklärung angepasst werden. Treten größere Schwierigkeiten auf, sollte zusätzlich eine alternative Erklärung herangezogen werden (Schopf & Zwischenbrugger, 2015).

Literatur

Evans, W. E., & Guymon, R. E. (1978). Clarity of Explanation. A powerful indicator of teacher effectiveness. https://files.eric.ed.gov/fulltext/ED151321.pdf 

Findeisen, S. (2017). Fachdidaktische Kompetenzen angehender Lehrpersonen. Springer Fachmedien. https://doi.org/10.1007/978-3-658-18390-5 

Greimel-Fuhrmann, B. (2003). Evaluation von Lehrerinnen und Lehrern. Einflussgrößen auf das Gesamturteil von Lernenden. Studienverlag.

Hines, C. V., Cruickshank, D. R., & Kennedy, J. J. (1985). Teacher Clarity and Its Relationship to Student Achievement and Satisfaction. American Educational Research Journal, 22(1), 87-99. https://doi.org/10.2307/1162989 

Kulgemeyer, C., Borowski, A., Fischer, H., Gramzow, Y., Reinhold, P., Riese, J., Schecker, H., Tomczyszy, E., & Walzer, M. (2012). ProfiLe-P-Professionswissen in der Lehramtsausbildung Physik. Vorstellung eines Forschungsverbundes. PhyDid B - Didaktik der Physik - Beiträge zur DPG-Frühjahrstagung. https://ojs.dpg-physik.de/index.php/phydid-b/article/view/380 

Leinhardt, G. (2001). Instructional explanations: A commonplace for teaching and location for contrast. In V. Richardson (Hrsg.), Handbook of research on teaching (4. Aufl., S. 333-357). American Educational Research Association.

Schopf, C., & Zwischenbrugger, A. (2015). Verständliche Erklärungen im Wirtschaftsunterricht. Eine Heuristik basierend auf dem Verständnis der Fachdidaktiker/innen des Wiener Lehrstuhls für Wirtschaftspädagogik. Zeitschrift für ökonomische Bildung, 03, 1-31. https://doi.org/10.7808/8087.1 

Wittwer, J., & Renkl, A. (2008). Why instructional explanations often do not work: A framework for understanding the effectiveness of instructional explanations. Educational Psychologist, 43(1), 49-64. https://doi.org/10.1080/00461520701756420 

zuletzt aktualisiert: 01.11.2024

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Zitationshinweis

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Ring, M., & Haag, L. (2024). Erklärungen im Wirtschaftsunterricht. In T. Brahm, M. Ring, & K. Schild (Hrsg.), Wirtschaft unterrichten. Offenes Lehrbuch für Wirtschaftsdidaktik. Online verfügbar unter: https://wirtschaft-unterrichten.de/mikrodidaktik/methodische-umsetzung/erklaerungen-im-wirtschaftsunterricht (zuletzt abgerufen am [Datum]).