Berufs- und Studienorientierung
Taiga Brahm
Mit dem Übergang von der Schule in einen Beruf ist der Übergang in die Wirtschafts- und Arbeitswelt verbunden, daher stellt die berufliche Orientierung eine Gestaltungs- und Forschungsaufgabe der ökonomischen Bildung dar (Schröder, 2013). Vergleichbares gilt auch für die Studienorientierung. Zwar erfolgt mit der Wahl eines Studienganges kein unmittelbarer Übergang in die Arbeitswelt, doch die Entscheidung für ein Studienprogramm ist oftmals ein zentraler Schritt auf dem Weg in die Arbeitswelt.
Die Verzahnung der ökonomischen Bildung und der Berufs- und Studienorientierung wird auch im Kompetenzmodell der ökonomischen Bildung deutlich (Seeber et al., 2012) (Bildungsstandards und Kompetenzmodelle). Bedeutsam für die Berufsorientierung sind hier unter anderem die Rollen des oder der Erwerbstätigen als Berufswählerin oder Berufswähler, Auszubildende oder Auszubildender sowie Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer (Seeber et al., 2012). Basierend auf dem Modell kann der Wirtschaftsunterricht als „didaktischer Anker“ für die Berufs- und Studienorientierung dienen (Schröder, 2013, S. 146). Das bedeutet, vom Wirtschaftsunterricht ausgehend können die Beiträge weiterer Fächer und Partnerinnen und Partner der beruflichen Orientierung miteinander verknüpft werden (Schröder, 2013). Synergieeffekte zwischen der Berufs- und Studienorientierung und dem Wirtschaftsunterricht zeigen sich insbesondere bei Praxiskontakten, die nicht nur ein zentrales Element des Wirtschaftsunterrichts sind, sondern auch für die Berufs- und Studienwahl ein wichtiges Instrumentarium darstellen (Schröder, 2013) (Zusammenarbeit mit externen Partnern).
Akteure und Instrumente der Berufs- und Studienorientierung
Werden die sich wandelnden Rahmenbedingungen in Gesellschaft, Beruf und Arbeit betrachtet, wird zudem deutlich, dass sich die Aufgaben der Berufs- und Studienorientierung heutzutage nicht mehr in der Vorbereitung der ersten Berufswahl erschöpfen. Stattdessen steht die Förderung von Kompetenzen im Fokus, die Jugendlichen die dauerhafte aktive Gestaltung der eigenen Berufsbiographien ermöglichen (Driesel-Lange et al., 2010; Lumpe, 2007). In diesem Zusammenhang wird auch von der Förderung des beruflichen Selbstkonzepts gesprochen (Butz & Deeken, 2014).
Auch wenn neben den Schulen eine Reihe weiterer Akteure an der Berufs- und Studienorientierung beteiligt sind (z. B. Eltern, Agenturen für Arbeit, Unternehmen), kommt der Schule nach wie vor eine Schlüsselrolle im Prozess der beruflichen Orientierung zu. Zu ihren Aufgaben zählt es, die Schülerinnen und Schüler auf den Übergang in die Berufs- und Arbeitswelt vorzubereiten. So unterstützen Schulen die Jugendlichen durch eine individuelle Diagnostik und Förderung und erstellen ein über mehrere Schuljahre angelegtes, systematisches Konzept für die Berufsorientierung. In Baden-Württemberg gibt es als Rahmen zusätzlich zu einer Verwaltungsvorschrift beispielsweise ein Landeskonzept zur beruflichen Orientierung um die Schulen bei der Umsetzung von BSO zu unterstützen. Thüringen verfügt zum Beispiel über eine Landesstrategie zur beruflichen und arbeitsweltlichen Orientierung (siehe auch: Fachliche Empfehlung zur beruflichen und arbeitsweltlichen Orientierung an allgemein bildenden Schulen in Thüringen).
Im Rahmen eines derartigen Konzepts wird in der Regel auch mit außerschulischen Partnerinnen und Partnern kooperiert, wie beispielsweise mit Unternehmen, Verbänden, Kammern, Jugendhilfen, Arbeitsagenturen und Hochschulen (Lippegaus-Grünau et al., 2010) (Zusammenarbeit mit externen Partnern).
Auch wenn sich die Maßnahmen der Berufs- und Studienorientierung zwischen den einzelnen Bundesländern unterscheiden, ist der Bedeutungszuwachs dieser Thematik unbestritten (Lippegaus-Grünau et al., 2010). Im baden-württembergischen Bildungsplan ist die berufliche Orientierung als Leitperspektive verankert (Land BW, 2016) und seit der Einführung des Faches WBS ein fester Bestandteil des Wirtschaftsunterrichts (Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg, 2016).
Klassische Methoden der Berufs- und Studienorientierung
Klassische Methoden der Berufs- und Studienorientierung sind vor allem Praktika, der Besuch des Berufsinformationszentrums und der Berufsberatung der Arbeitsagentur, das Training von Bewerbungsroutinen im Unterricht sowie die Teilnahme an Berufsmessen, dem sozialen Tag oder dem Girls’ oder Boys’ Day. Viele Schulen nutzen darüber hinaus das Internet zur Unterstützung der Berufs- und Studienorientierung, beispielsweise indem sie den Berufswahlpass einsetzen oder Möglichkeiten zur Potenzialanalyse online umsetzen.
Instrumente der Berufs- und Studienorientierung
Im Detail können u.a. folgende Instrumente im Unterricht eingesetzt werden:
- Kompetenzanalyse Profil AC und ihre Weiterentwicklung BOaktiv
- Entscheidungstraining BEST (Berufs- und Studienorientierung)
- App „zukunft läuft“
- Internetseite der Arbeitsagentur „planet-beruf“
- Internetseite der Bundesagentur für Arbeit „Abi“
- Unterrichtsmaterial der Bundesagentur für Arbeit für die Berufsorientierung im Unterricht
- Selbsterkundungstool Check-U und Berufswahltest der Bundesagentur für Arbeit
- Freiburger Methodenkoffer als Hilfestellung zur Gestaltung der Berufs- und Studienorientierung in der Kursstufe
Ein Modulbaukasten zur beruflichen Orientierung, der eine Übersicht über mögliche Projekte, Angebote und Unterrichtsideen bietet, kann hier abgerufen werden: Modulbaukasten BO. Auf der Website des Zentrums für Schulqualität und Lehrerbildung (ZSL) zur Beruflichen Orientierung Baden-Württemberg finden sich zudem Informationen zu regionalen Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartnern, Rahmenbedingungen und Leitfäden sowie Neuigkeiten zur Berufsorientierung.
Literatur
Butz, B., & Deeken, S. (2014). Subjektbezogene Berufsorientierung - Individueller Lernprozess und kooperative Aufgabe. In N. Pötter (Hrsg.), Schulsozialarbeit am Übergang Schule - Beruf (Bd. 3, S. 97-113). Springer VS. doi.org/10.1007/978-3-531-19060-0_6
Driesel-Lange, K., Hany, E., Kracke, B., & Schindler, N. (2010). Ein Kompetenzentwicklungsmodell für die schulische Berufsorientierung. In U. Sauer-Schiffer, & T. Brüggemann (Hrsg.), Der Übergang Schule - Beruf. Beratung als pädagogische Intervention (Bd. 3, S. 157-176). Waxmann.
Land BW. (2016). Berufliche Orientierung. https://www.bildungsplaene-bw.de/,Lde/LS/BP2016BW/ALLG/LP/BO (abgerufen am 25.10.2024)
Lippegaus-Grünau, P., Mahl, F., & Stolz, I. (2010). Einführung. In P. Lippegaus-Grünau, F. Mahl, & I. Stolz (Hrsg.), Berufsorientierung. Programme und Projekte von Bund und Ländern, Kommunen und Stiftungen im Überblick. (S. 5-10). Deutsches Jugendinstitut.
Lumpe, A. (2007). Kompetenzentwicklung in der Schule: Neue Perspektiven. In R. Oberliesen (Hrsg.), Kompetenzen für eine zukunftsfähige arbeitsorientierte Allgemeinbildung. (Bd. 5, S. 207-230). Schneider-Verlag Hohengehren.
Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg. (2016). Bildungsplan 2016. Wirtschaft/Berufs- und Studienorientierung (WBS). www.bildungsplaene-bw.de/site/bildungsplan/get/documents/lsbw/export-pdf/depot-pdf/ALLG/BP2016BW_ALLG_GYM_WBS.pdf
Schröder, R. (2013). Die Systematisierung der Berufsorientierung als Forschungs- und Gestaltungsfeld der ökonomischen Bildung. Zeitschrift für ökonomische Bildung, 1, 137-161. doi.org/10.7808/ZFOEB.1.1.67
Seeber, G., Retzmann, T., Remmele, B., & Jongebloed, H.-C. (2012). Bildungsstandards der ökonomischen Allgemeinbildung. Kompetenzmodell, Aufgaben, Handlungsempfehlungen. Wochenschau Verlag.
zuletzt aktualisiert: 01.11.2024
Zitationshinweis
Die Inhalte dieser Homepage sind CC-BY lizenziert (https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/). Bei Verwendung der Inhalte empfehlen wir folgende Zitation:
Brahm, T. (2024). Berufs- und Studienorientierung. In T. Brahm, M. Ring, & K. Schild (Hrsg.), Wirtschaft unterrichten. Offenes Lehrbuch für Wirtschaftsdidaktik. Online verfügbar unter: https://wirtschaft-unterrichten.de/themenfelder-oekonomische-bildung/berufs-und-studienorientierung (zuletzt abgerufen am [Datum]).